Wie klingt das? - Prof. Markus Leoson über das Cimbalom.



Auf die Idee, das Cimbalom-Spiel zu erlernen, brachte mich mein Schlagwerklehrer an der Königlichen Musikhochschule Stockholm. Es sei ganz natürlich für einen Schlagwerker, dieses Instrument zu beherrschen, meinte er. Doch erst Jahre später, ich war inzwischen Schlagwerker der Königlichen Hofkapelle an der Stockholmer Oper, wurde aus der Idee Realität. Ein ungarischer Pauker-Kollege, der früher selbst das Cimbalom gespielt hatte, stellte für mich den Kontakt zu einem Roma her: Diesen traf ich bei einem seiner Auftritte in Stockholm und konnte ihn überreden, mir eines seiner drei Instrumente zu verkaufen. Erst wollte er nicht, brauchte aber dann doch dringend Geld für seine Leidenschaft, die Pferdewette.

Mit Hilfe ungarischer Lehrbücher für das Cimbalom lernte ich autodidaktisch das Instrument zu spielen und auch zu stimmen. Das Instrument lässt sich schließlich nicht einfach zu einem Klavierstimmer geben, die Saiten sind ganz unlogisch angeordnet. Zum Beispiel ist das Cimbalom im oberen Register mit drei Saitenstegen ausgestattet, so dass man mit je einer Gruppe von vier Saiten drei verschiedene Töne erzeugen kann. Das macht es so schwer, das Instrument präzise zu stimmen. Nachdem ich ausreichend geübt hatte, fand mein "Debüt" als Cimbalom-Spieler mit dem Schwedischen Rundfunkorchester statt, 1994 als Solist in Kodálys "Háry János Suite".

Bis dahin war es für Orchester sehr schwer gewesen, Cimbalom-Spieler samt Instrument zu finden. Man versuchte manchmal in der Not, diesen besonderen Klang dadurch nachzuahmen, dass man Butterbrotpapier zwischen die Saiten eines Klaviers legte! Dabei klingt das Cimbalom gar nicht wie ein Klavier, obwohl der Spieler mit kleinen Hämmerchen auf die Saiten schlägt. Es hat vielmehr einen schwebenden Klang, zum einen wegen seiner geringen Größe, zum anderen aufgrund der vier Saiten im oberen Register (das Klavier hat nur maximal drei Saiten pro Ton), mit denen man drei verschiedene Töne spielen kann. Heutzutage erlernen Schlagwerker häufiger das Cimbalom, so dass die Suche für die Orchester leichter geworden ist.

Das Cimbalom, auch Zimbalom oder Cymbal genannt, ist wie das Klavier ein Saiten- und ein Schlaginstrument, sein Vorläufer ist das Hackbrett. Seit dem 19. Jahrhundert steht das Cimbalom für ungarisches Kolorit und ist aus der Volksmusik der Zigeunerkapellen nicht mehr wegzudenken. 1874 wurde es vom ungarischen Instrumentenbauer Joszéf Schunda erstmals mit Beinen und Pedal ausgestattet - damit erfand er das große Konzertcimbalom (zuvor hatte man das Instrument einfach auf einen Tisch gelegt). Im 19. Und 20. Jahrhundert schrieben Komponisten wie Kodály, Liszt, Bartók, Stravinsky, Boulez und Kurtág Kammermusik- und Orchesterwerke für dieses Instrument.

Inzwischen ist es noch ein Stück "gewachsen" und umfasst ca. 133 Klaviersaiten mit einem Tonumfang von fast fünf Oktaven. Auch das Interesse der zeitgenössischen Komponisten an der besonderen Klangfarbe wächst: Persönlich habe ich in Uraufführungen von Solowerken, aber auch im Bereich der Kammermusik oder in neuen Opern das Cimbalom gespielt. Zum Spielen benötigt man zwei keulenförmige Schlägel (Holzklöppel) , die mit Baumwolle, Filz, Garn oder Leder umgewickelt sind. Für einen lauteren und deutlicheren Klang, z. B. im Orchester, spielt man einfach direkt mit den Holzklöppeln auf den Saiten. Seit über hundert Jahre wird das Cimbalom-Spiel übrigens schon an der Franz Liszt Musikakademie in Budapest unterrichtet, und seit kurzem gibt es eine neue Cimbalom-Klasse am Conservatoire de Strasbourg.

Markus Leoson,
Professor für Schlagwerk an der Hochschule für Musik FRANZ LISZT Weimar





Wichtige Werke für das Cimbalom:

J. Kodály: Háry János-Suite,
F.Liszt: Die drei Zigeuner,
B.Bartók: 1. Rhapsodie für Violine und Orchester,
I.Stravinskij: Ragtime und Renard,
G. Kurtág: Stele,
P. Boulez: eclat
und sogar H. Shore: The Lord of the Ring Symphony
Markus Leoson | Schlagwerk